Grimme-Preis an
Ashwin Raman für seine besondere journalistische Leistung bei den Produktionen „Im Nebel des Krieges – An den Frontlinien zum ‚Islamischen Staat´“ (SWR) und „An vorderster Front“ (ZDF)
Die Story im Ersten: Im Nebel des Krieges – An den Frontlinien zum „Islamischen Staat“
Produktion: SWR
Buch/Regie: Ashwin Raman
Kamera: Ashwin Raman
Schnitt: Steffen Steup
Redaktion: Thomas Michel, Susanne Sterzenbach
Erstausstrahlung: Das Erste, Montag, 01.02.2016, 22.45 Uhr
Sendelänge: 45 Minuten
An vorderster Front
Produktion: ZDF
Buch/Regie: Ashwin Raman
Kamera: Ashwin Raman
Schnitt: Ute Rübesamen
Redaktion: Elmar Thevessen, Elmar Schön
Erstausstrahlung: ZDF, Donnerstag, 13.10.2016, 0.45 Uhr
Sendelänge: 43 Minuten
Inhalt
Für „Im Nebel des Krieges“ reist Ashwin Raman an verschiedene Orte im Grenzgebiet zwischen Syrien, Irak, Kurdistan. Während der sechswöchigen Reise im Sommer 2015 bewegt er sich an diesen Frontlinien, spricht mit kurdischen Generälen, islamistischen Milizionären, mit Menschen in Flüchtlingslagern, trifft einen britischen Schauspieler, der gegen den IS kämpft und filmt eine kurdische Kämpferin, von denen es 10.000 geben soll. Er hält sich aber auch auf einem amerikanischen Flugzeugträger auf und auch in einem Ausbildungslager der Bundeswehr, wo kurdische Kämpfer lernen, mit der Panzerabwehrrakete Milan umzugehen, die die Bundesregierung als Militärhilfe geleistet hat und immer noch leistet.
Auf seiner zweiten Reise im Jahr 2016, für den Film „An vorderster Front“, bewegt sich Raman konkret entlang der Frontlinie der kurdischen Peschmerga im Irak. Peschmerga und irakische Armee bereiten den Angriff auf Mossul vor. Ashwin Raman besucht mehrere Stellungen, lebt mit den Soldaten, fährt durch zurückeroberte zerstörte Städte wie Tesslaff und Sindschar. Zugleich versucht er auch den Alltag in den kurdischen Gebieten und mitten im Krieg zu erfassen, dreht in den Schönheitssalons der Stadt Erbil oder besucht ein Touristengebiet, das fast ganz verwaist ist und in dem die Verkäufer von Andenken ein schweres Los haben. Die Peschmerga, so zeigt der Film, sind schlecht und unzureichend bewaffnet und setzen große Hoffnung auf deutsche Waffenlieferungen, etwa der Rakete Milan.
Begründung der Jury
In seinen beiden Reportagen befasst sich Ashwin Raman mit dem Krieg gegen den terroristischen IS. Seine Blickwinkel sind jeweils unterschiedlich. Die Metapher vom Nebel des Krieges meint das Unübersichtliche, das Ungewisse, das dem Krieg anhaftet, das Durcheinander. Und so ist auch die Reise des Kriegsreporters entlang der Frontlinien zum IS eine unübersichtliche. Die Frontverläufe sind unklar, die Koalitionen auch. Dagegen ist der Frontverlauf zwischen den kurdischen Peschmerga und dem IS, den er in seinem zweiten Film abschreitet, klar. Hier will der Autor zeigen, wie sich die kurdischen Peschmerga auf die Eroberung der Stadt Mossul vorbereiten und was der IS bei seinem Rückzug hinterlässt. Als Reporter vor Ort macht er überraschende Entdeckungen. Er bekommt etwa über Handyvideos einen Beweis in die Hand, dass amerikanische Spezialeinheiten in Bodenkämpfe verwickelt sind.
Ashwin Raman ist ein Reporter ganz besonderer Art. Wie schon in seinen früheren Filmen macht er sich ganz allein auf den Weg in Kriegsgebiete, ohne Kameramann, ohne Team, ohne Stringer. Er will zeigen, wie der Krieg sich anfühlt, wie die Menschen darin leben und was wir darüber wissen sollten. Ashwin Raman besitzt offenbar die besondere Fähigkeit, sich in Situationen einzuleben und mit den Menschen in Kontakt zu treten. Er vertraut auf den Zufall und er fordert den Zufall heraus. Dabei tritt er niemals in die Rolle eines „embedded journalist“ ein. Selbst dort, wo er mit den Kämpfern der Peschmerga lebt, mit ihnen isst, in ihren Unterständen schläft, hält er die notwendige Distanz und drückt diese Haltung in der Montage oder in einer ironischen Wendung im Text aus. Er hält sich an die alte Reporterweisheit, wonach die berichtende Sache wichtiger ist als der Berichterstatter. Auch diese Haltung mag zu dem Vertrauen beitragen, das ihm Protagonisten entgegenbringen und das ihm erlaubt, mit der Kamera Situationen zu erfassen, wie wir sie selten oder nie im Fernsehen zu sehen bekommen. Das ist in einer Situation, wo sich kaum noch Reporter in den umkämpften Regionen aufhalten und meist nur noch Korrespondenten aus den Hauptstädten vom Kriegsgeschehen berichten, etwas ganz Besonderes.