(Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld für ZDF)
Grimme-Preis an:
Jan Böhmermann (Redaktionsleitung)
Hanna Herbst (Redaktionsleitung)
Markus Hennig (Headautor)
Julia Thiel (Executive Producerin)
Constantin Timm (Creative Producer)
Produktion: Susi Engelmann, Matthias Steinbauer
Erstausstrahlung: ZDF, ab Freitag, 28. Januar 2022, 23.00 Uhr
Sendelänge: je 28 - 35 Minuten
Inhalt:
Von seinem Vorgänger unterscheidet sich das „ZDF Magazin Royale“ im Titel nur minimal, wo lediglich der Wechsel vom Sparten- ins Hauptprogramm angemerkt wird, im Inhalt jedoch erheblich. Aus dem bunten Sammelsurium von lustigen Segmenten mit sehr variablem Humorniveau ist ein auf 30 Sendeminuten reduziertes, straffes Konzept mit doppeltem Anspruch geworden: Das „ZDF Magazin Royale“ will gleichermaßen journalistisch und unterhaltsam sein, investigativ und satirisch.
Die Sendung hat in der Regel eine feste Struktur: Nach der Begrüßung des Publikums folgen Anmerkungen zu aktuellen Themen, dann ein kurzer musikalischer Beitrag der Hausband, des Rundfunk-Tanzorchesters Ehrenfeld, der zum Sendungsschwerpunkt überleitet. In diesen ca. 20 Minuten Sendezeit können in Böhmermannschem Vortrag, Einspielern und Talks mit Expert:innen aktuelle politische Themen, ökonomische Probleme, kulturell Kontroverses oder überhaupt alles aufgegriffen werden, was gesellschaftlich oder medial relevant ist. Am Ende der Sendung steht oft eine weitere Musiknummer mit prominenten Gästen.
Gelegentlich wird das Format durch Specials aufgebrochen, so etwa 2022 durch eine Mutmach-Musikshow im Oktober und das satirische Mini-Fernsehspiel „Die Innenministerkonferenz“ im Dezember.
Begründung der Jury:
Gute Unterhaltung überrascht, ohne zu überfordern, und im besten Fall findet ihr Publikum sogar mehr, als es überhaupt gesucht hat. Der Relaunch des „Magazin Royale“ Ende 2020 schlug eine unerwartete Richtung ein, und 2022 konnte man die ausgereifte Version von Böhmermanns wöchentlichem Überraschungspaket sehen. Ähnlich wie mehrere amerikanische Late-Night-Shows basierte sein neues Konzept auf einer simplen Überlegung: In einer Welt, in der Politiker:innen wie Clowns agieren, haben echte Clowns keine andere Wahl als selbst politisch zu werden. Genau das tut der politisch gewordene Clown Jan Böhmermann, mit kompetenter Unterstützung, vor allem durch Redaktionsleiterin Hanna Herbst, einer in doppeltem Sinn ausgezeichneten Journalistin, Headautor Markus Hennig, Executive Producerin Julia Thiel und Creative Producer Constantin Timm
Eigene Rechercheleistungen und für ein größeres Publikum satirisch aufbereitete Informationen, die sonst nur ein Fachpublikum erreicht hätten, sind zum Markenzeichen des „ZDF Magazin Royale“ geworden. Das Themenspektrum ist beeindruckend: Egal ob es sich um aktuelle Themen wie den Angriff Russlands auf die Ukraine handelt, um Dauerbrenner wie Umwelt und Klima, Lobbyismus oder deutsche Ausländerbehörden oder um ganz anderes wie die Bedeutung von Meinungsumfragen, den deutschen Schlager oder Wein (und das sind nur einige Beispiele): Jan Böhmermann macht daraus Unterhaltung mit Informationswert – oder Information mit Unterhaltungswert, ganz wie man will.
Und er geht dabei, seine Vorgeschichte lässt es erahnen, gerne über Grenzen hinaus. Über mediale Grenzen ohnehin, denn außer im linearen Fernsehen findet das „ZDF Magazin Royale“ mit zusätzlichen exklusiven Beiträgen wie Langfassungen von Talks mit Expert:innen natürlich ebenfalls in der ZDFmediathek und bei YouTube statt, und einen „Hashtag der Woche“ für Kommentare gibt es auch. Aber Satire oder journalistische Berichterstattung ist ihm nicht genug, Böhmermann greift ins politische Geschehen ein. So veröffentlichte – auch das nur ein Beispiel – seine Redaktion 2022 in Zusammenarbeit mit dem Portal „FragDenStaat“ einen Bericht des hessischen Verfassungsschutzes zum NSU-Komplex, der eigentlich noch lange geheim bleiben sollte.
In seiner Zielsetzung und seiner Grundstruktur unterscheidet sich das „ZDF Magazin Royale“ nicht sehr von der amerikanischen „Last Week Tonight with John Oliver“, arbeitet aber mit ganz eigenen Mitteln. Und nur Jan Böhmermann kann mit einem so vollkommen aus der Zeit gefallenen Klangkörper wie dem Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld aufwarten, das ihn zusätzlich bei eigenen Gesangstiteln begleitet. Das, was Böhmermann und sein Team Woche für Woche präsentieren, stellt ein einzigartiges Gesamtkunstwerk dar – und der Grimme-Preis ist dafür die angemessene Auszeichnung.