61. Grimme-Preis 2025

Kroymann – Ist die noch gut?

(btf für RB/SWR/NDR/WDR)

 

Grimme-Preis an:

Sebastian Colley (Buch)

Sophie Averkamp (Regie)

Maren Kroymann (Darstellung)

Maira Inselmann (Produktion)

 

Erstausstrahlung: Das Erste, Donnerstag, 4. Januar 2024, 23.45 Uhr

Sendelänge: 30 Minuten

 

Inhalt:

Maren Kroymann hat in den vergangenen Jahren alles abgeräumt, was es abzuräumen gab. Zu ihrem 30-jährigen ARD-Jubiläum soll es eben dort nun eine große TV-Gala geben. Doch in dieser rein fiktiven Darstellung ist nichts, wie es scheint. Kroymann merkt schnell: Das soll hier nicht nur eine Ehrung werden, sondern auch eine Verabschiedung. Daran arbeiten gleich mehrere Personen, doch niemand will es ihr ins Gesicht sagen. Kroymann trifft schon bald auf viele andere bekannte Frauen, denen es zum Teil schon viel früher so ergangen ist und die ihr vermeintliches Schicksal teilen. Sie alle sind irgendwann aufgrund ihres Alters auf das Abstellgleis geschoben worden. Sie kommen entweder gar nicht mehr vor oder nur noch in sehr eindimensionalen Rollen. Für sie gibt es eine „Abteilung W50+“, eine Art Jenseits für “nicht mehr taugliche Fernsehgesichter”, das an eine mit strenger Zugangskontrolle gesicherte Arbeitsamtsabteilung für schwer Vermittelbare erinnert, Umschulungen eingeschlossen. Maren Kroymann ist das zu wenig, sie wagt am Ende nochmal einen großen Aufschlag auf der Bühne.

 

Begründung:

Maren Kroymann und das Team der btf halten der Fernsehbranche (und damit der Gesellschaft) in diesem 30-Minüter den Spiegel vor, indem sie in Abgründe blicken, die auch im Jahr 2025 leider immer noch an der Tagesordnung sind: Frauen über 40 sind im deutschen Fernsehen unterrepräsentiert. Und je älter die Moderatorinnen, Schauspielerinnen oder Kabarettistinnen werden, desto weniger sind sie sichtbar. Und damit auch die Themen, die sie bewegen: Der Alltag von Frauen jenseits der 40 wird im Fernsehen nicht adäquat abgebildet.

Maren Kroymann ist eine Ausnahme von dieser Regel und es ist auch nicht das erste Mal, dass sie sich dem Thema widmet. So (aber-)witzig wie treffend ist die absurde Realität der deutschen Fernsehbranche aber selten zuvor beschrieben worden. In der hochkarätig besetzten Folge treten nicht nur die auf, die bereits aussortiert wurden, sondern auch jene, die heute noch gut im Geschäft sind – denen in wenigen Jahren aber das gleiche Schicksal droht, sollte nicht endlich ein Umdenken stattfinden. Viele von ihnen verbringen nun ihre Zeit in einer Art TV-Jenseits für diejenigen, die keine Rollen oder Engagements mehr bekommen, wo sie beispielsweise zu Granfluencern umgeschult werden und Werbung für einen Hornhauthobel machen.

Der ausschließlich weiblich besetzte Cast (u. a. mit Meret Becker, Palina Rojinski, Michaela May, Tanja Schumann, Juliane Köhler, Denise M’Baye, Gesine Cukrowski, Katrin Bauerfeind, Hazel Brugger, Annette Frier u. v. m.) beweist durchweg Timing und überzeugt ebenso wie die geschliffenen Dialoge. Und auch die Eigenheiten der Branche werden so treffend beschrieben, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt.

Zwischen all dem brilliert Maren Kroymann mit einem Mix aus Selbstironie und Kampfgeist. Dabei greift sie nicht nur ein Thema auf, das allen in der Branche am Herzen liegen sollte. Sie zeigt ganz nebenbei auch, weshalb sie nicht nur eine hervorragende Kabarettistin ist, sondern auch eine einzigartige Schauspielerin.

„War unsere Branche eigentlich immer schon so scheiße?“, fragt Katrin Bauerfeind in der Folge Maren Kroymann. Und die antwortet: Früher war eigentlich alles noch viel schlimmer. Das mag zwar stimmen, es heißt aber nicht, dass es heute gut wäre – das Gegenteil ist der Fall. Insofern wäre schon viel erreicht, wenn einige Entscheidungsträger ihre Vorstellungen und Vorgaben hinterfragen. Maren Kroymann selbst ist das beste Beispiel dafür: Humor und Schlagfertigkeit sind keine Frage des Alters. Dass das immer noch nicht allen klar ist, mag diejenigen, die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen, zur Verzweiflung treiben. Wenn man sich aber damit auseinandersetzt, dann gerne so wie in diesem großartigen und preiswürdigen Beitrag.

 
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