(Pyjama Pictures/Kleine Brüder für NDR)
Grimme-Preis an:
Bruno Alexander (Buch/Regie)
Oskar Belton (Buch/Regie)
Emil Belton (Buch/Regie)
Larissa Sirah Herden (Darstellung, stellv. für das Ensemble)
Ina-Christina Kersten (stellv. für die Produktion)
Erstveröffentlichung: ARD Mediathek, Donnerstag, 9. Mai 2024
Sendelänge: 5 x 25 Minuten
Inhalt:
„Player of Ibiza“ ist Metafernsehen: Wir verfolgen die Entstehung eines Trash-TV-Formats. „Player of Ibiza“ war bisher eine ganz normale Realityshow. Es gab eine Insel, eine Queen und eine Gruppe junger Männer, die um sie warben. Doch in dieser Staffel läuft alles ganz anders.
Es gibt keine Queen, kein Ibiza, stattdessen schickt die Produktion die Kandidaten nach Buchholz in der Nordheide. Dort sollen die jungen Männer ihren Sexismus überwinden und zu Feministen werden. Die Anti-Helden der Staffel sind der poshe Anthony (Emil Belton), Möchtegern-Rapper Marvin (Charles Booz Jakob), Fitness-Bro Tim (Bruno Alexander), Incel Jeppe (Sammy Scheuritzel) und Selfmade-Man Abdel (Arman Kashani). Die Regisseurin Amelie (Larissa Sirah Herden) muss die Truppe irgendwie zusammenhalten, was ihr kaum gelingt. Sie schickt die Männer von einer absurden Challenge zur nächsten. Ein Männercoach kommt, es gibt einen Gastauftritt von der feministischen Pornoproduzentin Paulita Pappel und der Rapperin Charisma. Der Erfolg des Feminismusbootcamps hält sich in Grenzen. Amelie startet schließlich ein Erpressungsmanöver, damit die Männer mitspielen und sie genügend Material für die Show zusammenbekommt. Ihrem Redakteur Arne (Martin Brambach) vermittelt sie, der Plan ginge voll auf – bis am Ende alles in sich zusammenfällt.
Begründung:
Allein schon in der Setzung der Geschichte steckt eine Spannung, die Spaß macht: Eine Trash-TV-Produktion, die unverhofft nach Buchholz geschoben wird. Lauter Dudes, die zu Feministen werden sollen. Eine Regisseurin, die ein falsches Spiel spielt. „Player of Ibiza“ ist eine wilde Mediensatire, die sich nicht nur sehr unterhaltsam das Trash-Genre vorknöpft, sondern auch klug aktuelle Diskurse verwebt.
Da wäre zum Beispiel der Fakt, dass sich dieses Konzept ein Mann ausgedacht hat, um dem Format ein zeitgemäßes Update zu verpassen. Ausbaden muss das Ganze die Regisseurin Amelie – fantastisch gespielt von Larissa Sirah Herden. Ihre Figur ist wenig begeistert von der Idee und hält doch am Ende alles zusammen. Auch weil sich in ihr die ganzen Widersprüche der Serie widerspiegeln. Eine Regisseurin, die eigentlich viel zu klug für den ganzen Trash ist. Die aus einer ökonomischen Abhängigkeit heraus handelt, aber auch selbst Macht über die Kandidaten ausübt und sie ausnutzt.
„Player of Ibiza“ ist damit in bester Hinsicht zeitgeistig. Im Jahr 2024 ist der Kampf um Gleichberechtigung weit gekommen. Feministische Debatten sind tief in die Mehrheitsgesellschaft vorgedrungen. So tief, dass sich damit ganz gut Geld verdienen lässt. Gleichzeitig erleben wir einen Backlash und eine Re-Traditionalisierung: Es ist die Zeit der Bros und Machos, die sich selbst als Opfer des Feminismus sehen.
Wie viel Feminismus bleibt also übrig im Kapitalismus? Was bedeutet es heute, ein guter Mann zu sein? Und unter welchen Umständen kann sich ein Mensch verändern? All diese Fragen wirbelt „Player of Ibiza“ auf, spielt mit ihnen, konterkariert sie, verhandelt sie und lässt sie wieder ins Leere laufen. Aus dieser Dynamik formt sich ein Humor, der nie belehrend oder pädagogisch ist, der sich nicht festlegt, aber trotzdem Haltung hat.
Das gelingt, weil die Serie stets liebevoll mit ihren Figuren umgeht. Und damit wären wir bei den Anti-Helden von Buchholz. Die fünf Kandidaten sind allesamt Klischees. Jeder von ihnen steht nicht nur für sich, sondern auch für einen Teil gegenwärtiger Bro-Kultur. Die Serie wird getragen von ihrem hervorragenden Ensemble. Man kauft Emil Belton, Charles Booz Jakob, Bruno Alexander, Sammy Scheuritzel und Arman Kashani das alles ab: das Laute wie das Leise. Denn in all der Ironie und der Überzeichnung stecken kluge Beobachtungen und Wärme.
Das Trio Belton-Belton-Alexander beweist in dieser Produktion zum wiederholten Mal ein großes Gespür für Timing und Besetzung. Wie auch schon „Die Discounter“ lebt die Serie von ihrem fantastischen und ungewöhnlichen Cast. Das ist haudrauf und jungshumorig. Aber es steckt so viel Spielwut drin, so viel gutes Timing und Rhythmus. Und lustig ist es auch.