(Filmakademie Baden-Württemberg für ZDF/ZDF – Das kleine Fernsehspiel)
Grimme-Preis an:
Clara Stella Hüneke (Buch/Regie)
Erstausstrahlung: ZDF, Montag, 4. November 2024, 23.55 Uhr
Sendelänge: 97 Minuten
Inhalt:
Die drei Mädchen Jamila (10 Jahre), Rachel (12 Jahre) und Faseeha (13 Jahre) leben in Berlin. Nach Schulschluss gehen sie in ein feministisches Zentrum für Mädchen und FLINTA*-Personen, wo sie nicht nur Zeit mit ihren besten Freundinnen verbringen: Sie werden Teil eines Rap-Projekts – und nennen sich später die „Sisterqueens“. Sie schreiben und performen ihre Texte, in denen sie sich nachdenklich und entschlossen zugleich mit ihrer Rolle als Mädchen, gesellschaftlichen Strukturen, Gleichberechtigung, Rassismus, Gemeinschaft und vor allem ihren Träumen auseinandersetzen – und sie träumen groß!
Die Old-School-Rapperin Sista Fa und viele andere Frauen unterstützen die Mädchengruppe nicht nur bei der Entwicklung ihrer Texte, sondern auch auf der Suche nach ihrer eigenen Stimme. Wir dürfen an der Reise der drei Mädchen teilhaben, die diese Stimme als Ventil für ihre Frustration, ihre Hoffnungen und als Werkzeug im Kampf um Gendergerechtigkeit einsetzen. Und dabei geht es immer um noch viel mehr: um Herkunft, Identität, Glauben und letztlich um Selbstbestimmung. Die Dokumentation „Sisterqueens“ legt den Finger in die Wunde von Missständen in Deutschland und auf der Welt – und wirft dabei vor allem zwei dringliche Fragen auf: Wer erhält eine Stimme? Und wer findet Gehör?
Begründung:
„Stell dir vor, du bist eine superberühmte Rapperin. Was würdest du sagen, wenn dir alle zuhören?“ Diese Frage wird den „Sisterqueens“ früh gestellt – und im Laufe der kommenden vier Jahre werden sie eine lyrische Antwort darauf finden. Wofür wollen sie als Menschen und vor allem als Frauen einstehen? Was muss sich dringend ändern? Die Dokumentation nimmt sich nicht nur die Zeit, die nachdenkliche Reise von drei Mädchen in Berlin zu beleuchten, sondern gleichzeitig Aufmerksamkeit für eine Bandbreite gesellschaftlicher, politischer und kultureller Themen in Deutschland zu schaffen.
Die filmische Begleitung der Jugendjahre von Jamila, Rachel und Faseeha ist ein bewegendes Plädoyer für die Wichtigkeit der Stimme – sowohl im wörtlichen als auch übertragenen Sinne: Die Mädchen erhalten durch das Rap-Projekt eine Bühne, auf der sie sich mit ihren eigenen Erfahrungen und Träumen auseinandersetzen. Ihre Texte sind dabei stets Ausdruck ihrer Hoffnungen auf eine gerechtere Welt: „Wieso ist Deutschland so reich, und die Grenze so ungleich? Wieso ‚Frauen‘-Liegestütze und ‚Ziemlich gut für ein Mädchen‘?“, rappt Faseeha ins Mikrofon. Nachdenklich und ernst, aber auch humorvoll und erfrischend gutmütig hinterfragen die Mädchen auf diese Weise den gesellschaftlichen Rahmen, der sie umgibt: Warum haben Frauen* und Männer noch immer nicht die gleichen Chancen? Wie viele Geschlechter gibt es eigentlich? Warum werden Menschen aufgrund von Herkunft, Hautfarbe oder Reichtum unterschiedlich behandelt?
Zentrales Element des feinfühligen Dokumentarfilms ist der Raum für Ausdruck, der den Mädchen eröffnet wird. Hier erfahren sie Empowerment durch eine Gemeinschaft von Frauen, die ihre Entwicklung begleitet und fördert. „Sisterqueens“ macht damit die enorme Bedeutung von Unterstützungsangeboten im Bereich sozialer (Kultur-)Arbeit spürbar. Berlin selbst wird nicht nur als geografische Kulisse, sondern als eigener Protagonist inszeniert, samt seiner Vielfalt und sozialen Herausforderungen. Und es wird deutlich, dass es gerade in Zeiten von Isolation, wie sie die Pandemie verstärkt hat, umso wichtiger ist, Räume zu schaffen, in denen sich junge Menschen miteinander vernetzen, ihre Geschichten erzählen und einander stärken. Der Film zeigt, wie feministische Projekte nicht nur einen solchen (virtuellen und analogen) Safer Space bieten, sondern auch Bewegungen anstoßen, die tatsächliche Veränderungen bewirken können. Allem voran erweitert „Sisterqueens“ (endlich) den Blick auf deutsche Mädchen: Mädchen, die nicht aus einer weißen und privilegierten Oberschicht kommen; Mädchen, die für sich, ihre Freundinnen und die Zukunft rappen: „Kannst mir meine Meinung nicht nehmen, will ein gewaltfreies Leben!“