Das Mercedes-Benz Förderstipendium wird vergeben an
Clemens Schönborn (Buch/Regie)
Stab
Produktion: Kaminski.Stiehm.Film, Frank Kaminski & Ulrich Stiehm
Buch: Clemens Schönborn, Knud Kohr
Regie: Clemens Schönborn
Kamera: Jana Marsik
Schnitt: Robert Kummer, Andreas Zitzmann
Darsteller: Jürgen Tarrach, Wolfram Koch, Mario Irrek, Andreja Schneider, Mira Partecke u.a.
Redaktion: Jörg Schneider
Erstausstrahlung: Montag, 7.1.2008, 0.05 h
Sendelänge: 85 Min.
Inhaltsangabe
In Norwegen sind deutsche Fachkräfte gefragt. So kommt es, dass zwanzig gestandene Männer in einem von der Arbeitsagentur finanzierten Sprachkurs sich gegenseitig Bällchen zuwerfen und lernen, wie man „Guten Tag“ auf Norwegisch sagt. Natürlich stehen auch Fachbegriffe auf dem Lehrplan. Schließlich muss man ja einen Winkelschleifer benennen können, wenn man einen braucht... So skurril diese Situation auch anmuten mag, verbergen sich dahinter doch eine Reihe von Einzelschicksalen, denn zu Hause in Deutschland gibt es kaum Arbeit auf dem Bau: Zimmermann Silvio ist auf der Suche nach einem Job seit langem erfolglos über die Baustellen getingelt, hat dafür sogar ein paar Jahre seines tatsächlichen Alters unterschlagen. Seine Freundin Mandy bestärkt ihn darin, als Gastarbeiter in Norwegen einen Neuanfang zu wagen. Doch Silvio ist misstrauisch, schließlich ist von Trennungsschmerz bei Mandy überhaupt nichts zu spüren. Auch der hoch verschuldete Norbert steht vor dem Schritt ins Ausland. Dass seine Frau und sein Sohn lieber in Deutschland bleiben möchten, ignoriert er gleichermaßen verzweifelt und grenzenlos optimistisch. Einzig Maurer Micha hat mit der alten Heimat abgeschlossen und freut sich auf ein ruhiges Leben möglichst in der nord-norwegischen Einöde, bis er sich kurz vor der Abreise neu verliebt. Was für die Männer ein Neustart in eine bessere Zukunft werden sollte, gestaltet sich immer mehr als schwerer Abschied vom alten Leben.
Begründung der Jury
„Der Letzte macht das Licht aus.“ Dieser in der DDR weit bekannte Spruch – er zierte auch die Berliner Mauer – ist der sehr bezeichnende Titel für Clemens Schönborns Film über das Schicksal dreier Handwerker und ihrer Freundinnen und Familien. Eine Berliner Arbeiter- genauer: Arbeitslosenkomödie nach englischem Vorbild, aber in einem milderen deutschen Zuschnitt.
Mehr Komödie als Milieustudie, widmet sich der Film dem originellen Thema von deutschen Hartz IV-Empfängern mit zukünftigem Migrationshintergrund. Denn analog zum ehemaligen DDR-Spruch kehren bei Schönborn Menschen im Jahr 2007 nun der Bundesrepublik den Rücken. Auf dem Arbeitsamt lernen die angehenden Gastarbeiter die Sprache ihres Fluchtortes, unter dem sich kaum einer von ihnen etwas vorstellen kann: Letzte Ausfahrt Norwegen!
Mit „Der Letzte macht das Licht aus“ ist dem jungen Regisseur eine Tragikomödie über moderne Arbeitslosigkeit gelungen, über den sanften Terror der Monotonie, die Dynamik des Abstellgleises und die Minima Amoralia der globalisierten Arbeitswelt: der Handwerksmeister, der bankrott geht, weil die Zahlungsmoral seiner Kunden nicht stimmt, der Zimmermann, der sich auf jeder Baustelle zehn Jahre jünger machen zu müssen glaubt und von den asiatischen Kollegen nur ausgelacht wird, der leutselige Maurer, der sich von einer Akademikerin seine Wertlosigkeit vorführen lassen muss, bis sie am Ende mit ihm ins Bett geht.
Die sympathische Darstellerriege, ergänzt durch viele Laien, verleiht der hübsch lakonischen und mitunter sehr witzigen Komödie dabei ein stets glaubwürdiges Kolorit: Wer bei Hartz IV gelandet ist, der sieht auch so aus. Und so drücken sie wieder die Schulbank, schmeißen in der Imbissbude noch ihre letzten Runden, obwohl sie längst Pleite sind, und schwärmen ihren Frauen und Freundinnen von einem unbekannten Land vor, in dem der deutsche Handwerker noch wer ist – in Norwegen eben.
Das ehrbare deutsche Handwerk ist zur Exportware verkommen, der Stolz im Angesicht des Gerichtsvollziehers stirbt zuletzt, und der Letzte, der am Ende doch nicht nach Norwegen fährt, arbeitet seinen Deckel ab und macht in der Imbissbude das Licht aus. Clemens Schönborn setzt einen Meilenstein auf das selten – viel zu selten – beackerte Terrain der deutschen Arbeiterkomödie.