Adolf-Grimme-Preis an
Buket Alakus (Buch/Regie)
Jan Berger (Buch)
Karoline Herfurth, Ken Duken, Thierry van Werveke (Darstellung)
Stab
Produktion: Wüste Filmproduktion, Ralph Schwingel und Stefan Schubert
Buch: Buket Alakus, Jan Berger
Regie: Buket Alakus
Kamera: Bella Halben
Schnitt: Andreas Radtke
Darsteller: Karoline Herfurth, Ken Duken, Thierry van Werveke, Zarah Jane McKenzie, Nursel Köse, Verena Wolfien u.a.
Redaktion: Burkhard Althoff (ZDF)
Erstausstrahlung: Montag, 27.8.2007, 20.15 h
Sendelänge: 88 Min.
Inhaltsangabe
Hayats Leben ist aus der Bahn geraten. Der jungen Deutschtürkin ist nach einer Krebserkrankung eine Brust amputiert worden. Geschwächt von der Operation versucht sie, wieder auf die Beine zu kommen, und klammert sich an das, was ihr vor der Krankheit am meisten bedeutet hat: das ist vor allem der Fußball. Ihr Vater, der bereits den frühen Tod von Hayats Mutter verkraften musste, ist davon wenig begeistert. Um sie zu schonen, meldet er sie vom Training ab. „Ich kann nicht den ganzen Tag rumhocken und warten, bis die Metastasen wuchern“, schreit sie ihren Kummer heraus und beginnt heimlich zu trainieren. Sie trifft auf das Frauen-Team FC Schanze: einen bunt zusammen gewürfelten Haufen, die allesamt keinen blassen Schimmer haben, wie man ordentlich Fußball spielt. Und ihr Trainer Toni, der hierher strafversetzt wurde, hockt am Spielfeldrand und zeigt keinerlei Ambitionen, das zu ändern. „Bist du ein Trainer oder ein Spanner?“ legt Hayat sich mit ihm an. „Zum Spannen sind die Mädels nicht hübsch genug...“, ist Tonis lapidare Antwort. Hayats Reaktion kommt postwendend – mit dem ersten guten Schuss, den Toni auf diesem Platz je gesehen hat und der ihn im wahrsten Sinne des Wortes vom Hocker schmeißt. Hayat nimmt das Training selbst in die Hand und motiviert damit nicht nur ihre Fußball-Kameradinnen, sondern auch Toni. Der verliebt sich in die couragierte junge Frau. Doch Hayat ist verunsichert, ob er sie auch noch akzeptieren wird, wenn er von ihrer Erkrankung erfährt...
Begründung der Jury
Dieser Film ist – gleichsam titelgetreu – etwas ganz Besonderes: „Eine andere Liga“ von Buket Alakus sprüht vor Leben, Farbe und Energie. Die 20-jährige deutsch-türkische Fußballerin Hayat muss nach einer Brustkrebsoperation wieder leben lernen. Leben kann sie aber nur, wenn sie Fußball spielen kann. Ihr besorgter Vater hat sie jedoch, während sie im Krankenhaus war, von ihrem Club abgemeldet: Er will nicht, dass Hayat, seine einzige Tochter, sich übernimmt.
Die dickköpfige Hayat, wunderbar gespielt von Karoline Herfurth, trainiert heimlich bei einer Außenseitermannschaft, die vom „beschissensten Trainer der Welt“ – dem gut aussehenden, ziemlich großspurigen Toni – trainiert wird. Wenn sie Fußball spielt, geht es ihr gut; doch als der Macho Toni beginnt, ihr den Hof zu machen, macht ihr das Angst. Einer Freundin gesteht sie: „Diese Krankheit sagt: Hayat, ich nehme dir alles, was du dir erkämpft hast und mache dich wieder zu dem kleinen Mädchen, das so Angst hatte vor Sex und Jungen.“
Dieser Film spielt mit Klischees, aber nur um sie zu brechen. Wie der großspurige Toni zum romantischen Liebhaber wird, der alle Register zieht, um Hayat zu gewinnen; wie der alles andere als patriarchalisch strenge, vielmehr rührend besorgte Vater seine Tochter vor der Welt und der Krankheit beschützen möchte; wie sie wiederum alles daran setzt, spielen zu können, wie schließlich dadurch die Lebenslust in sie zurückkehrt und sie sich und ihren verstümmelten Körper endlich akzeptieren kann, das ist tragisch und komisch zugleich, schön und traurig.
„Eine andere Liga“ ist weder Brustkrebsdrama noch Fußballfilm, obwohl hier mit Karoline Herfurth eine Schauspielerin vor der Kamera steht, die wirklich kicken kann. Der Film verdankt seine großartige Vitalität nicht zuletzt der Kameraarbeit von Bella Halben. Und natürlich den Schauspielern Karoline Herfurth als Hayat, Ken Duken als Toni und Thierry van Werveke als Baba – sie alle geben dem Film eine große Menschlichkeit und Wärme. Ihrem Spiel ist es zu verdanken, dass „Eine andere Liga“ nie rührselig wird, sondern in jeder Szene glaubwürdig bleibt – auch in der Liebesszene am Ende, die in ihrer einzigartigen Ambivalenz eine der schönsten Liebesszenen ist, die im Fernsehen je zu sehen waren.