44. Grimme-Preis 2008

Fröhliche Weihnachten (Sat.1)

Adolf-Grimme-Preis an

Anke Engelke und Bastian Pastewka (Hauptdarstellung)

Stab

Produktion: Brainpool TV, Ralf Günther

Buch: Chris Geletneky, Morten Kühne

Regie: Tobi Baumann

Kamera: Frank Husmann

Schnitt: Peter Dohr, Steffen Wimmers

Darsteller: Anke Engelke und Bastian Pastewka

Redaktion: Josef Ballerstaller

Erstausstrahlung: Mittwoch, 19.12.2007, 20.15 h

Sendelänge: 80 Min.

Inhaltsangabe

Foto: Sat.1/Jörg CarstensenFröhliche Weihnacht miteinand´ – was liegt in dieser heiter-besinnlichen Zeit für das volkstümliche Moderatoren-Duo Wolfgang und Anneliese näher als auch in diesem Jahr in ihrer traditionellen Benefiz-Gala die Herzen und die Portemonnaies der Zuschauer zu öffnen. Mit Nina Hagen und dem gerade auf die Showbühne zurückgekehrten Howard Carpendale sitzen zwei echte Zugpferde am Spendentelefon – und auch sonst kann sich die Riege der Stars sehen lassen: der Weltstar Shakira ist dabei, ebenso der Otti Fischer und Comedian Mario Barth. Es gibt einen Rekordversuch im Backen des kleinsten Christstollens der Welt und Einblicke in die Herstellung traditionellen weihnachtlichen Kunsthandwerks. Die perfekte Einstimmung auf die schönste Zeit des Jahres – und die lustigste, denn alle Rollen werden nur von zwei Darstellern übernommen: Anke Engelke und Bastian Pastewka persiflieren die harmonieschwangeren TV-Shows, die auf anderen Sendern laufen, bis ins kleinste Detail. Sogar die Weihnachtsgeschichte erzählen sie neu. Da bekommen Maria und Josef Besuch von der Super-Nanny, die den schreienden Jesus erstmal in die stille Krippe schickt. Schuldnerberater Peter Zwegat diskutiert, ob nun wirklich beides, Ochs und Esel, notwendig seien und Wohnexpertin Tine Wittler findet, dass der sperrige Esel sowieso nichts in der Wohnstube zu suchen habe. Zum großen Showfinale singt Roger Cicero, übrigens der echte, aber das wäre bei der Verwandlungsfreude von Anke Engelke und Bastian Pastewka beinahe nicht aufgefallen...

Begründung der Jury

Bloßes Nachmachen ist nicht lustig. Aber gekonntes Parodieren, das tiefe Niveau der Veralberten noch unterbietend, die übelsten Exzesse der Vorbilder noch übertreibend, so könnte es gehen. Viele behaupten, das deutsche Fernsehen sei speziell in seinen Unterhaltungssendungen von so unfassbarer Geistesarmut geprägt, dass man es schon deshalb nicht mehr verulken könne – eben, weil es schon seine eigene Parodie darstelle. Man hört das oft, man sieht so oft so schlechte Nachmacher, dass man diese Theorie nicht gerne, aber irgendwann doch glaubt.

Aber dann kommt „Fröhliche Weihnachten“, ein beliebter Strauß bunter Melodien (oder umgekehrt), ein Parforce-Ritt über die Äcker des Gala-Unwesens, weite Felder fürwahr. Anke Engelke und Bastian Pastewka haben sich die treckerreifenbreite Spur genau angeschaut, haben allerlei Absurditäten neu kombiniert und Funken geschlagen, wo man nur schwaches Glimmen vermutete. Rasante Rollenwechsel, brüllende Komik, detailliert ersonnene und sorgfältigst zelebrierte Katastrophen – selten waren Werbepausen als Zeiten des Wieder-zur-Luft-Kommens so sinnvoll.

Beim schonungslosen Streifzug quer durch die gängigen Formate samt dazugehöriger Knalltüten treiben die beiden Könner – allein schon als tümlich tumbes Moderatorenpaar Anneliese und Michael von großer Reife – ihre Wandlungsfähigkeit auf die Spitze. Angeblich gab es einen echten Gast, nämlich Roger Cicero, aber wer wollte darauf wetten, dass der nicht auch gespielt war?! Wer zählt die Namen, nennt die Rollen, misst den Grad der exakt getroffenen Schmierlappigkeit?

Die Menge macht’s ja nicht allein, aber bei dieser adventlichen Absurditätensammlung macht sie es noch schöner. Wie durchgängig der Bezug zum offiziellen Anlass gewahrt wurde, wie präzise die verlogensten Spielarten der alljährlichen Duselei vorgeführt werden, das hat Klasse jenseits der reinen Blödelei. Aus der Fülle des Angebots doch noch herausragend: die aufeinander folgenden Besuche im Stall zu Bethlehem. Dort verwandeln die Super-Nanny („Der Jesus schreit extrem viel!“), Tine Wittler (die aus dem Stall ein rustikales Loft vom Schlimmsten machte) und Peter Zwegat („Wenn Sie sich und Ihren Mann vier Jahre lang voll mitstillen könnten…“) Maria und Josef in einen Fall für den Paartherapeuten. Aber das wäre wieder eine andere Sendung…

 
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