Adolf-Grimme-Preis an
Bora Dagtekin (Buch)
Oliver Schmitz (stellv. für die Regie)
Diana Amft (stellv. für das Darstellerteam)
Steffi Ackermann (Produktion)
Produktion: Polyphon
Stab
Produktion: Polyphon, Steffi Ackermann, Beatrice Kramm
Buch: Bora Dagtekin
Regie: Oliver Schmitz, Sophie Allet-Coche, Christian Ditter
Kamera: Christoph Chassée, Eckhard Jansen, Bernhard Jasper, Christian Rein
Schnitt: Regina Bärtschi, Günter Schultens, Mona Bräuer, Cornelie Strecker
Musik: Biber Gullatz, Andreas Schäfer
Darsteller: Diana Amft, Florian D. Fitz, Kai Schumann u.a.
Redaktion: Ulrike Leibfried, Barbara Thielen (RTL), Andrea Bogad Radatz, Andrea Artner (ORF)
Erstausstrahlung: ab 23.6.2008, jew. Montag, 20.15 Uhr
Sendelänge: je 45 Min.
Inhaltsangabe
Es gibt Situationen, da hängt man schon mal an seinem Schokoriegel ... Etwa wenn der angehende Gatte einen kurz vor der Hochzeit betrügt und man zurück zu seinen Eltern ziehen muss. Jetzt steht Gretchen Haase verheult und ein bisschen zu füllig, wie sie findet, in ihrem Brautkleid an einem Brückengeländer und versucht ihren kalorienreichen Seelentröster zurückzubekommen, der ihr da gerade heruntergefallen ist. Nur gut, dass mit Dr. Mehdi Kaan ein Jogger vorbeikommt, der der vermeintlichen Selbstmörderin das Leben retten will – und dann selbst gerettet werden muss ... Frau muss halt alles selbst in die Hand nehmen ... Wenn Gretchen doch nur nicht so unsicher wäre... Mit ihrem neuen Job an der Klinik ihres Vaters stehen für die junge Ärztin alle Zeichen auf Neuanfang, doch in der Chirurgie trifft sie auf den Oberarzt Marc Meier, zufällig ihr großer Teenieschwarm, in den sie bis heute verschossen ist. Marc ist allerdings immer noch der großkotzige Schönling, der allen Schwestern den Kopf verdreht. Dann vielleicht lieber Dr. Kaan, den sensiblen Gynäkologen? Aber der hat eine Tochter und eine Frau, die seit Jahren im Koma liegt. Dann doch besser gar keinen Mann und dafür erstmal Diät und Karriere? Eine ganz schlechte Idee, findet ihre Mutter: Das bisschen Barocksein verwachse sich und eine Frau brauche etwas Sichereres als einen Beruf – einen Ehemann. Nur tragisch, dass ihre eigene Ehe alles andere als sicher ist... Auf Dr. Gretchen Haase warten schwierige Entscheidungen – nicht nur im OP ...
Begründung der Jury
Bei allem Dissens über die Definition des Gattungsbegriffs „Unterhaltung“: Auszeichnungen für herausragende Comedy-Serien ziehen sich wie ein roter Faden durch die noch junge Geschichte dieser Preiskategorie. Erst „Türkisch für Anfänger“, dann „Dr. Psycho“, nun „Doctor’s Diary“: eine so kurze wie äußerst würdige Liste. Und es gibt ein weiteres gemeinsames Merkmal: Im Gegensatz zu jenen seriellen Produktionen, die in den letzten Jahren auf mittleres bis völliges Desinteresse gestoßen sind, wurden diese Serien nicht ab-, sondern fortgesetzt. Alle drei sind zudem originär deutsche Produktionen, kopieren also nicht britische oder amerikanische Vorbilder.
Es ist selbstredend kein Zufall, dass „Doctor’s Diary“ aus der gleichen Feder stammt wie „Türkisch für Anfänger“. Bora Dagtekin hat ein Talent, das hierzulande beinahe einem Alleinstellungsmerkmal gleichkommt: Es gibt nicht viele deutsche Autoren, deren Dialoge ähnlich pointiert sind. Davon abgesehen sind die Geschichten der einzelnen Folgen zwar anspielungsreich und witzig, aber trotzdem lebensnah. Selbst herausragende Drehbücher aber brauchen eine kongeniale Umsetzung: Erst die Regie (hier: Oliver Schmitz, Sophie Allet-Coche und Christian Ditter) gewährleistet, dass die Wortgefechte auch aus der Hüfte kommen. Produzentin Steffi Ackermann (Polyphon) schließlich hat dafür gesorgt, dass die Serie am Ende genauso aussah, wie Dagtekin sie sich vorgestellt hat.
Im Gegensatz zu den üblichen Arztserien steht bei „Doctor’s Diary“ eine Figur im Mittelpunkt, die alles andere als perfekt ist: Gretchen Haase, Doktor der Allgemeinmedizin, ist ein bisschen pummelig und macht auch mal Fehler; sie ist also keine Halbgöttin in Weiß, aber auch keine Witzfigur. In dieser Mischung liegt der Reiz der Rolle und damit auch der Serie: „Doctor’s Diary“ ist waschechte „Dramedy“.
Dagtekin hatte Hauptdarstellerin Diana Amft („Mädchen, Mädchen“) schon vor Augen, als er die Drehbücher schrieb. Die Auszeichnung für sie steht stellvertretend für ein vortreffliches Ensemble: Florian David Fitz beeindruckt als selbstverliebter Oberarzt, für den Gretchen schon zu Schulzeiten schwärmte. Konkurrent um Gretchens Gunst ist ein von Kai Schumann verkörperter, nicht minder attraktiver Gynäkologe. Abgerundet wird das Ensemble durch Peter Prager als Gretchens Vater, der ihre Karriere befördert, und Ursela Monn als ihre Mutter, die das genaue Gegenteil im Sinn hat.
Dank der herausragenden Leistungen aller Beteiligten ist „Doctor’s Diary“ leicht und locker wie ein Soufflé – und damit ein perfekter Preisträger in der Dessert-Kategorie „Unterhaltung“.