45. Grimme-Preis 2009

Extra 3-Rubrik „Johannes Schlüter“ (NDR)

Adolf-Grimme-Preis „Spezial“ an

Dennis Kaupp und Jesko Friedrich (Buch/Regie/Darstellung)

Produktion: NDR

Stab

Buch/Darsteller: Dennis Kaupp und Jesko Friedrich

Redaktion: Christian Sieh, Ralf Freitag, Christoph Schmidt, Andreas Lange

Erstausstrahlung: 8.5., 21.8. und 9.10.2008 jew. Donnerstag, 22.30 Uhr

Sendelänge: je 3 Min.

Inhaltsangabe

 Szenenfoto: Johannes Schlüter; Foto: NDREr ist Wahlkampfberater, Ausrüstungsbeauftragter der Bundeswehr, Computerspieleerfinder und Rockveteran. Kurz: er ist ein Tausendsassa! Er ist Johannes Schlüter ... Überall da zu Hause, wo die Geschicke der Welt gelenkt werden. So steckt natürlich er hinter der Erfolgsgeschichte der Internetsuchmaschine „Schlooter“, beantwortet Suchanfragen aus aller Welt, sammelt Daten und fotografiert höchstselbst für die Bildersuche „Schlooter Earth“. Mit seinem „Autonomen Supermarkt für Krawallbedarf aller Art“ hat Johannes Schlüter nach seinem Autonomiestudium sein Hobby zum Beruf gemacht und ist nun eine beliebte Anlaufstelle etwa bei den Krawallen zum 1. Mai: „30 Schmeißsteine, bitte!“ – „Gerne. Zum Mitnehmen oder zum Hierschmeißen?“ Als ehemaliger Bush-Pilot versuchte er sogar Sarah Palin ins Weiße Haus zu bringen, musste aber erst noch lernen auf einer Palin zu fahren. Leider kam es zu mehreren Pannen im täglichen Betrieb. Dabei fand er doch luxuriöse Arbeitsbedingungen in seiner Schaltzentrale im Kopf der Politikerin vor: hier hatte er nämlich noch mehr Platz als zuvor bei Bush. Und außerdem waren auf der Palin lustige Spiele wie Elchjagd programmiert. Nun, es wird sich ein anderer Job für Johannes Schlüter finden. Einer wie er fällt immer wieder auf die Füße. Das NDR-Satiremagazin „Extra 3“ wird weiter über ihn in Mini-Reportagen berichten, auch wenn der Mann mit den tausend Berufen nur den Köpfen seiner Erfinder Dennis Kaupp und Jesko Friedrich entsprungen ist.

Begründung der Jury

Vorbildhafte Qualität im Fernsehen ist häufig im Kleinen zu finden, etwa in der Improvisation in außergewöhnlichen Situationen, in Miniaturen, in Beiträgen für magazinartige Produktionen. Nicht zuletzt für derartige Leistungen existiert die Preiskategorie „Spezial“, die es naturgemäß nicht ganz leicht hat: Wenn eine spezifische, eine ganz besondere Leistung mit einer aufwändigen Gesamtproduktion konkurriert, dann hat nicht unbedingt die große Produktion das Nachsehen… Hier nun hat die Unterhaltungsjury den Blick mit Gewinn auf das Spezielle fokussiert – und den Spezial-Preis verliehen.

Er geht an „Johannes Schlüter“, ein nicht immer, aber doch kontinuierlich auftauchendes Segment des NDR-Satiremagazins „Extra 3“, erfunden, geschrieben und realisiert von Dennis Kaupp und Jesko Friedrich. „Johannes Schlüter“ ist beste Unterhaltung: originell und intelligent, lustig und auch politisch ambitioniert, ein kleiner Edelstein im großen Gemischtwarensortiment des deutschen Fernsehens unter dem Siegel des großen U.

Aber wer ist „Johannes Schlüter“ eigentlich? Wir erleben ihn in jeder Episode in einem anderen – gerne auch bizarren – Beruf. Ein ähnliches Chamäleon hatte auch schon „RTL Samstag Nacht“ mit der Kunstfigur „Karl Ranseier“ im Repertoire, dem in jeder Folge auf andere Weise erfolglosesten Menschen aller Zeiten. Johannes Schlüter ist etwa „Bush-Pilot“, der aus dessen Kopf den letzten US-Präsidenten per Computer gesteuert hat und gerade auf „Palin-Pilot“ umschult. Oder er betreibt einen Supermarkt für Autonome, der sich neuerdings auch um die rechte Szene bemüht (deren Angehörige man trotz ebenfalls schwarzer Bekleidung daran erkennt, dass sie nicht merken, wenn ihnen an der Kasse zu wenig Wechselgeld herausgegeben wird).

Ist der Beruf mal nicht so ungewöhnlich, dann auf jeden Fall dessen Interpretation. So hat sich Schlüter als Erfinder von Computerspielen vom einfachen Ballerspiel („Ego-Schlüter“) zu pädagogisch Wertvollem emporgearbeitet. Sein neuestes Werk ist „Besiege Deine Spielsucht“. Ziel des Spiels ist dabei das Ausschalten – was aber erst auf dem 50. Level möglich ist.

Eine besondere Leistung stellt „Schlüter“ dar, weil hier auf höchstem Niveau ein bemerkenswerter Spagat zwischen Comedy und Satire gelingt. Die Kunstfigur wird auf äußerst kreative Weise immer wieder neu erfunden. Und, jederzeit sichtbar: Bei der Produktion wird selbst auf kleinste Details liebevoll geachtet. So ist der Warentrenner im Supermarkt für Autonome natürlich schwarz. Eben, wie gesagt: Großes im Kleinen.

 
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