45. Grimme-Preis 2009

Tatort: Auf der Sonnenseite (ARD/NDR)

Thorsten Wettcke, Christoph Silber (Buch)

Richard Huber (Regie)

Martin Langer (Kamera)

Mehmet Kurtulus (Hauptdarstellung)

Produktion: Studio Hamburg

Stab

Produktion: Studio Hamburg, Kerstin Ramcke

Producerin: Nina Lenze

Buch: Thorsten Wettcke, Christoph Silber

Konzept und Buchentwicklung: Doris J. Heinze, Eric Friedler

Regie: Richard Huber

Kamera: Martin Langer

Schnitt: Knut Hake

Darsteller: Mehmet Kurtulus, Peter Jordan, Patrycia Ziolkowska, Michael Wittenborn u.a.

Redaktion: Doris J. Heinze, Eric Friedler (NDR)

Musik: Dürbeck & Dohmen

Erstausstrahlung: Sonntag, 26.10.2008, 20.15 Uhr

Sendelänge: 90 Min

Inhaltsangabe

 Szenenfoto: Tatort: Auf der Sonnenseite; Foto:Georges PaulyCenk Batu ist frustriert. Seit einem Jahr versucht er einen der größten Geldwäscher Deutschlands auffliegen zu lassen. Doch kurz bevor er in Petermanns inneren Kreis aufgenommen wird scheitert der verdeckte Ermittler. Als Beweis seiner Vertrauenswürdigkeit soll er einen Menschen töten und kann es nicht. Kurz darauf übernimmt Hauptkommissar Batu einen neuen Fall, der ihn am Ende erneut zu Petermann führen wird. Er soll das Vertrauen des türkischen Großhehlers Tuncay Nezrem gewinnen. Dessen Neffe Deniz liegt nach einer Messerattacke im Krankenhaus. Batu wird zu ihm ins Krankenzimmer verlegt und rettet ihm bei einem erneuten Anschlag das Leben. Tuncay Nezrem nimmt ihn aus Dankbarkeit als Fahrer auf. Batu sammelt derweil Beweise, dass Nezrem sich hinter der Fassade des Restaurantbesitzers und Gemüsegroßhändlers ein kriminelles Netzwerk aufgebaut hat. Zu seinen Geschäftspartnern gehört auch Petermann. Mit dem Versprechen auf ein „Leben auf der Sonnenseite“ ziehen sie türkische Gastarbeiter über den Tisch, die in ihre Heimat zurückkehren wollen. Dem groß angelegten Immobilienbetrug geht auch der arglose Deniz auf den Leim, der sich mit seiner Freundin in die Türkei absetzen will, um sich so der Kontrolle seines Onkels zu entziehen. Diese Freundin ist jedoch die Tochter von Petermann. Der will diese Liaison um jeden Preis verhindern und lässt Deniz schließlich töten. – „Auf der Sonnenseite“ ist der erste Einsatz für Mehmet Kurtulus als neuer Hamburger „Tatort“-Kommissar Cenk Batu.

Begründung der Marler Gruppe

Endlich einmal ein neues Tatortformat: mit einem außergewöhnlich spannenden, unkonventionellen Buch, einem charismatischen Hauptdarsteller, einem gelungenen Zusammenspiel aller Protagonisten, einer sensiblen, ausgezeichneten Regieleistung.

Keine Leiche zu Beginn, kein nächtlicher Anruf, der die Ermittler zum Tatort ruft, und kein Rätselraten zur Todesursache in der Gerichtsmedizin, kein Kommissariat, kein Ermittler und keine Probleme mit der Ex – beim NDR-Tatort „Auf der Sonnenseite” von Regisseur Richard Huber ist (fast) alles anders.

Mit einer stimmigen Geschichte der Autoren Thorsten Wettcke und Christoph Silber, die spielerisch-witzig mit gängigen Vorurteilen umgeht, ohne dabei die Multikulti-Karte zu ziehen, debütiert Mehmet Kurtulus als – nein, eben nicht als Tatort-Kommissar, sondern als verdeckter Ermittler Cenk Batu.

Zunächst schleust er sich in einen Kreis dubioser Geschäftsleute ein, scheitert allerdings, als er auf die Probe gestellt wird, an seinen moralischen Skrupeln. Doch ihm bleibt nicht viel Zeit, seine Wunden zu lecken, wartet doch bereits der nächste Einsatz auf ihn: in einem Krankenhaus, wo er den Neffen des zwielichten Geschäftsmannes Tuncay Nezrem kennen lernt. Er rettet das Leben des Neffen, gewinnt das Vertrauen von Nezrem und erhält so Einblick in die unlauteren und kriminellen Praktiken des Restaurantbesitzers und Gemüseimporteurs. Als Nezrem dann auch mit Leuten zusammenarbeitet, in denen Batu alte Bekannte erkennt, wird diesem klar, womit Nezrem wirklich seinen Luxus finanziert.

Richard Huber erzählt eine Geschichte mit angemessenem Tempo, in der es nur eine Szene ohne den Hauptdarsteller gibt. Die Entwicklung der Charaktere ist nachvollziehbar, dabei überzeugt vor allem die Figur des Cenk Batu. Die teilweise feinsinnigen Dialoge sind kühl und doch eindringlich inszeniert, gleiten nie ins Klischeehafte ab. Es muss nicht viel erklärt werden, weil Batu immer schon am Tatort ist und nur noch begleitet werden muss.

Kameramann Martin Langer schafft mit klaren und einfühlsamen Bildern eine starke Nähe zum Helden. Kühles Design, ungewöhnliche Kameraperspektiven und passende Schauplätze in der Hansestadt, die nicht um ihrer selbst willen gefilmt, sondern geschickt in Beziehung gesetzt werden. Langer schafft eine am Realismus der Großstadt orientierte Stimmung, die Mehmet Kurtulus großartig in der Figur des Cenk Batu unterstreicht. Glaubwürdig spielt er den verdeckten Ermittler als coolen Typen, der einsam, melancholisch unnahbar aber nicht gebrochen wirkt. Ein Einzelgänger, der nicht viele Worte braucht, um das Publikum in seinen Bann zu ziehen.

 
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