48. Grimme-Preis 2012

Hannelore Hoger

Hannelore Hoger

Begründung des Stifters:

Eigensinnig, eigenständig, eigenwillig, dazu unverwechselbar und stets von nachhaltig prägender Präsenz: Diese Eigenschaften und Eigenheiten zeichnen die Fernseh-, Film- und Theaterschauspielerin Hannelore Hoger aus.

Mit ihrer besonderen Kunst eines eindringlichen, außerordentlich vielfältigen und facettenreichen Spiels schafft sie seit über 40 Jahren speziell auch im deutschen Fernsehen ungewöhnliche Erlebnisräume. Nie ist sie dabei in enger Weise auf eine Darstellung festgelegt, auch nicht bei jener Figur, die dem Publikum seit knapp zwei Jahrzehnten an das Herz und den Verstand gewachsen ist: der Kommissarin Bella Block.

Kein Wunder, dass intellektuelle Ansprüche wie die solche der Filmemacher Alexander Kluge, Peter Zadek, Egon Monk oder Max Färberböck bei ihr besonders gut aufgehoben waren und sind. Denn sie formt Film-Figuren, die auf besondere Art und Weise Bildung verkörpern - eine Menschen-Bildung im umfassenden Sinn. Figuren sind es, die Charakterkonturen und Seelengründe gewinnen in einer Intensität, die schonungslos ist bis zur Schmerzgrenze – wobei sich in der inneren Bewegung Grenzen verschieben und auch jene Tiefen ausgelotet werden, die manche als Untiefen fürchten. In der immer sowohl überraschenden als auch im Profil kenntlichen Interpretation ihrer Figuren gelingt Hannelore Hoger etwas im deutschen Fernsehen relativ Seltenes: hohen Anspruch mit ungebrochener Publikumsattraktivität zu verschränken.

Viele Ober-, Zwischen- und Untertöne hat die Schauspielkunst dieser an ungewöhnlichen Zügen reichen Interpretin. Sie reichen vom Sarkastischen bis zum Schwarzhumorigen, von schrundiger Verzweiflung über bärbeißige Zartheit bis zur schroffen Abkehr, von innerer Zerrissenheit über ironische Abwehrgesten bis zur charmierenden Einladung. Doch hält die Schauspielerin Hannelore Hoger so einzigartig wie selbstverständlich auch Disparates, Hochkomplexes und Widersprüchliches zusammen und verhilft ihren Figuren in jedem Moment zu einer glaubwürdigen Charakterisierung und einer hohen Authentizität. Die, nicht zuletzt, von einer unvergleichlichen Stimme mitsamt unnachahmlicher Intonierungen getragen wird.

Viele Auszeichnungen belegen und bezeugen diese außerordentliche Kunst und heben dabei mit allem Recht auch hervor, welch‘ hohe Bedeutung die professionellen Stationen, die individuellen Rollen und auch das gesellschaftliche Engagement Hannelore Hogers gerade auch für die fernsehkulturelle Entwicklung in der Bundesrepublik haben. Dass Zivilcouragiertes auch dazugehört, in nicht geringem Maße, macht solches Lob zusätzlich wertvoll.

Mit Hannelore Hoger spricht der Deutsche Volkshochschul-Verband seine Besondere Ehrung einer Schauspielerin zu, die ihren Zuschauern nicht alltägliche Wahrnehmungsräume und Verhaltensweisen erschließt, auch im Sinne der Persönlichkeitsbildung. Dabei verbindet sie in außerordentlicher Weise eine hohe Darstellungsintelligenz und eine stets spürbare Interpretationswachheit mit einer intensiven Präsenz und mit immer wieder neuen, auch überraschenden Facetten und Perspektiven. Auf diese Weise hat sie das deutsche Fernsehen in ganz unterschiedlichen Rollen mit einer beeindruckenden Bandbreite an Figuren und Interpretationen bereichert und maßgeblich wichtige und wertvolle Segmente der TV-Erzählkunst so selbstbewusst wie reflektiert geprägt.

Hannelore Hoger

Die Vita von Hannlore Hoger:

Die Fernseh-, Film- und Theaterschauspielerin Hannelore Hoger wurde am 20. August 1942 in Hamburg geboren. Ihr Vater war Schauspieler und Inspizient am auch einem großen Fernsehpublikum bekannten Hamburger Ohnsorg-Theater – wo sie selbst im Alter von sechs Jahren erstmals auf der Bühne stand und mit 14 Jahren ihre erste größere Rolle bekam.

Es folgte eine Schauspiel-Ausbildung in Hamburg mit anschließender Bühnen-Präsenz in großen deutschen Theatern, wie Ulm, Bremen, Stuttgart, Köln, Berlin, Bochum und Hamburg. In den 60er Jahren hatte sie zunächst ihre Fernseh-, dann ihre Kino-Premiere. Hannelore Hoger hat stets mit großen Persönlichkeiten des Theater-, Film- und Fernsehlebens zusammengearbeitet, von Kurt Hübner über Peter Zadek, Egon Monk und Peter Beauvais bis Alexander Kluge, Volker Schlöndorff, Adolf Winkelmann, Helmut Dietl und Rainer Kaufmann.

Hannelore Hoger ist auch selbst als Theaterregisseurin hervorgetreten, so im Schauspielhaus Bochum und am Staatstheater Darmstadt.

Sozial war und ist sie vielfältig engagiert, so bei einer Kampagne gegen sexuelle Gewalt an Kindern, weiter einer Aufklärungskampagne der Deutschen Krebshilfe für die Früherkennung von Brustkrebs und als Schirmherrin der Kampagne „Jede Oma zählt“ zugunsten alter Menschen in Entwicklungsländern.

Zu den vielen großen Fernseharbeiten von Hannelore Hoger gehören außer der nun 30 Folgen umfassenden, in unregelmäßigen Abständen gesendeten und von sehr renommierten Regisseuren inszenierten ZDF-Reihe „Bella Block“ „Der Pott“ (Regie: Peter Zadek), „Bauern, Bomben, Bonzen“ (Regie: Egon Monk), „Marleneken“ (Regie: Karin Brandauer), „Die Bertinis“ (Regie: Egon Monk), „Die zweite Heimat – Chronik einer Jugend“ (Regie: Edgar Reitz).

Zu den herausragenden Kinofilmen gehören „Die Artisten in der Zirkuskuppel – ratlos“, „Die Patriotin“, „Die Macht der Gefühle“ (jeweils in der Regie von Alexander Kluge), „Super“ (Regie:Adolf Winkelmann), „Eisenhans“ (Regie: Tankred Dorst), „Tausend Augen“ (Regie: Hans-Christoph Blumenberg), „Henri 4“ (Regie: Jo Baier).

Hannelore Hoger hat für ihre herausragende Schauspielerkunst zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter auch 1994 den Grimme-Preis (mit Gold) für „Bella Block“.

Zu weiteren Preise zählen: „Goldener Gong“ für die Darstellung als Lea Bertini in "Die Bertinis"; „Goldener Löwe“ für "Bella Block - Liebestod", „Goldene Kamera“ für "Bella Block" in der Kategorie "Beste TV-Kommissarin", „Goldene Kamera – Publikumspreis“, „Helmut-Käutner-Preis der Stadt Düsseldorf“ für ihr Wirken im deutschen Film, „Robert-Geisendörfer-Sonderpreis“ für ihre herausragenden Charakterdarstellungen, „Bayerischer Fernsehpreis“ für "Bella Block - Tödliche Nähe", „Deutscher Fernseh-Krimi-Preis“ für die Reihe "Bella Block.

 
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