PreisträgerInnen
Jochen Bitzer (Buch)
Stephan Wagner (Regie)
Robert Atzorn (stellv. für das Ensemble)
Produktion: teamWorx
Erstausstrahlung: ZDF, Montag, 24.09.2012, 20.15 Uhr
Sendelänge: 91’
Inhalt
Wieder treffen Briefe ein, in denen dem ehemaligen stellvertretenden Frankfurter Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner mit Ermordung gedroht wird. Zwischenzeitlich wird sein Haus mit Eiern beworfen. Daschner, der Polizist, war Leiter der Ermittlungen im Entführungs- und Mordfall Jakob von Metzler. Kurz zuvor ist der 11-Jährige Bankierssohn vom Jurastudenten Magnus Gäfgen in der Nähe seines Elternhauses in Frankfurt-Sachsenhausen entführt worden. Eine Sondereinheit kommt dem Täter schnell auf die Spur – er lässt sich bei der Geldübergabe beobachten. Schließlich wird Gäfgen später verhaftet. Im Verhör streitet er jede Verwicklung in den Fall ab. Die Polizei steht unter Zeit- und Erfolgsdruck. Jakobs Familie und auch die Öffentlichkeit erwarten Ergebnisse. Um das Leben des Jungen zu retten, droht er Gäfgen durch Kriminalhauptkommissar Ortwin Ennigkeit an, ihn zu foltern. Daschner macht eine entsprechende Aktennotiz. An einem Waldsee finden die Ermittler schließlich die Leiche des 11-Jährigen. Nachdem Magnus Gäfgen zu lebenslanger Haft verurteilt wird, sitzt im Anschluss Wolfgang Daschner auf der Anklagebank. Er ist wegen des Verdachts auf Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat angeklagt. Ortwin Ennigkeit muss sich wegen Verdachts auf Nötigung im Amt verantworten. Daschner argumentiert, dass er die Pflicht gehabt habe, das Leben von Jakob von Metzler zu retten. Doch das Gericht entscheidet anders. Sie werden wegen der Androhung von unmittelbarem Zwang im Amt – und entsprechender Anstiftung dazu – verurteilt. Daschner wird danach strafversetzt.
Stab
Produktion: teamWorx
Federführender Sender: ZDF
Buch: Jochen Bitzer
Regie: Stephan Wagner
Kamera: Thomas Benesch
Schnitt: Gunnar Wanne-Eickel
Ton: Achim Strommenger-Reich
Musik: Ali N. Askin
Darstellung: Robert Atzorn, Uwe Bohm, Johannes Allmayer, Wolfgang Pregler u.a.
Redaktion: Caroline von Senden, Katharina Dufner
Jurybegründung
Das Unspektakuläre und das Bürokratische werden zum Ereignis. Im Fernsehfilm „Der Fall Jakob von Metzler“ ist Robert Atzorn der Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner. Sein Spiel wirkt deshalb so intensiv, weil es an der Oberfläche nichts anderes zeigt, als einen Mann, der seine Pflicht tut und dabei keine Fehler machen will.
Sehr bald aber spüren wir, die Zuschauer, dass die Entführung des elfjährigen Jakob am 27. September 2002 diesen Polizisten auch psychisch tief bedrängt. „Der Junge muss am Leben bleiben“, sagt er. Um die letzte kleine Chance dafür zu wahren, trifft er die moralisch wie juristisch schwerwiegende Entscheidung, dem fortdauernd lügenden Tatverdächtigen Magnus Gäfgen vor dem entscheidenden Verhör „unmittelbare Gewalt“ anzudrohen. Atzorns nicht geringe Kunst besteht darin, das innere Beben des Kriminalbeamten Daschner gerade in dessen äußerer Beherrschtheit sichtbar zu machen.
Dieses Fernsehspiel ist das sachlich wie ästhetisch genaue und deshalb so beklemmende Protokoll einer wahren Geschichte, deren trauriges Ende wir von Beginn an kennen. Jakob von Metzler ist gleich nach seiner Entführung ermordet worden. Die Geschichte erschüttert das Land bis heute, auch wegen des Nachspiels, das sie für die Ermittler hatte. Als Gerichtsdrama wird es im Schlussteil illustriert: Daschner und der von Uwe Bohn gespielte Hauptkommissar Ennigkeit auf der Anklagebank, der Kindsmörder Gäfgen (Johannes Allmayer) als medialer und materieller Profiteur seiner Tat und deren Folgen.
Schon um keine juristischen Einsprüche zu riskieren – und damit die Ausstrahlung des Films zu gefährden –, haben sich Regisseur Stephan Wagner und Drehbuchautor Jochen Bitzer so exakt wie möglich an die durch Dokumente und Zeugenaussagen verbürgten Tatsachen gehalten.
Der Alltag im Präsidium, wo gerade renoviert wird und der Dienstplan das Taktmaß der Ermittlungen mitbestimmt, ist prägnant gezeichnet und geschildert. Die Szenen in der Metzler-Villa gewinnen ihr dramatisches, ja tragisches Pathos durch die behutsam-lakonische Professionalität, in der die Polizisten den Familienmitgliedern begegnen.
Und der doppelte Boden, die innere Wahrheit des Films? Er ist ein emphatisches Plädoyer für die Würde des Rechtsstaats, gerade weil er ihn auch in seiner Ohnmacht darstellt und in seinen Paradoxien erhellt.