PreisträgerInnen
Mizzi Meyer (Buch)
Arne Feldhusen (Regie)
Bjarne Mädel (Darsteller)
Produktion: Nordfilm
Erstausstrahlung: NDR, Donnerstag, 03.01.13, 22.00 Uhr
Sendelänge: 26 Min.
Inhalt
Hakenkreuze, Hitlerbüste, Wehrmachtsuniformen und andere Nazi-Devotionalien. So einen Tatort hat selbst der abgeklärte Heiko Schotte, genannt „Schotty“, noch nicht gesehen. Der Tatortreiniger soll bei einem Heimatverein der besonderen Art die Spuren eines tödlichen Unfalls beseitigen. Beim Putzen eines Wandgemäldes, so erzählt ihm Vereinsleiter Ulf Sanderberg, sei ein Mitglied von der Leiter gefallen. Die Konfrontation mit der braunen Vergangenheit ist selbst für Schotty eine Nummer zu viel. Weil er mit den rassistischen Äußerungen von Sanderberg nicht umgehen kann, flüchtet er sich in seine Phantasie. Hier schlägt er Sanderberg zu Boden – und es ist Ruhe. In der Realität hingegen erläutert Sanderberg seine politischen Ansichten und versteht den Nationalsozialismus als große Idee, die in den Kinderschuhen stecken geblieben sei. „Das was die Griechen da damals erfunden haben, das war ja auch nicht die Demokratie, wie wir sie heute kennen. Da waren Sklaven und Frauen ausgeschlossen – ein Modell, das ich persönlich übrigens besser finde.“ Als der Vereinsleiter zur Beerdigung des Verstorbenen aufbrechen muss, überwacht ein Vereinsmitglied die Arbeit des Tatortreinigers im Nazi-Vereinsheim. Zum Glück für Schotty lässt sich der Aufpasser wunderbar manipulieren. Schotty macht ihm weis, dass der komplette Raum fachgerecht gereinigt werden müsse und zwar in der Firma und nicht vor Ort, da er Kakerlakeneier gefunden habe. Er empfiehlt: Alles raus! Und so gelingt es ihm am Ende, die komplette Nazi-Sammlung auf den Sperrmüll zu schmeißen.
Stab
Produktion: Nordfilm
Federführender Sender: NDR
Buch: Mizzi Meyer
Regie: Arne Feldhusen
Kamera: Kristian Leschner
Schnitt: Benjamin Ikes
Ton: Michael Kunz
Musik: Carsten Meyer
Darstellung: Bjarne Mädel, Holger Stockhaus, David Bredin
Redaktion: Bernhard Gleim, Adrian Meiling
Jurybegründung
Wieder wienert ein kleiner Mann im Overall einen Tatort. Wieder entstehen dabei Situationen, Gespräche, Szenen, die an Absurdität, Wahrhaftigkeit und Witz kaum zu überbieten sind. Doch diesmal hat der Tatortreiniger - gespielt von Bjarne Mädel, erdacht von Bjarne Mädel und Arne Feldhusen - besonders ekelhafte Überbleibsel zu entsorgen: In der Folge „Schottys Kampf“ gerät der aufrechte Schnauzerträger Schotty ins Hinterzimmer der Gesellschaft.
Ein Neonazi ist tot, Schotty trifft bei seiner Arbeit auf weitere Neonazis, Diskussionen entbrennen, hanebüchene Meinungen werden herausposaunt, in einer Schatztruhe liegt angeblich Hitlers letzter Haufen. Und Schotty findet am Ende die einzig richtige Methode, mit solchen Menschen, ihrer Gesinnung und ihren Devotionalien umzugehen: Ab auf die Müllhalde mit dem braunen Mist.
Drehbuchautorin Mizzy Meyer, Regisseur Arne Feldhusen und Hauptdarsteller Bjarne Mädel bewegen sich mit „Schotty’s Kampf“ gewohnt unkonventionell in unkonventionellem Terrain. Die Figur des wackeren Tatortreinigers, der allen Menschen mit der gleichen Offenheit begegnet, wird in dieser Folge um eine wichtige Facette reicher: Schottys Prinzipien sind eine klare Handlungsanweisung, wie mit dem Thema umzugehen ist. Und die Frage, ob man über Hitler lachen DARF, weicht der Tatsache, dass man über die Lächerlichkeit seiner Anhänger lachen MUSS.
Die Jury lacht begeistert mit, freut sich über die ideengespickte Umsetzung, das Zitieren Chaplins berühmter Hitler-Parodie, die herrliche Verzweiflung Schottys ob seiner stupiden Gegenüber und über die vielen punkt- und timinggenauen Details, die diese Episode der Kammerspielserie zu einem herausragenden Erlebnis des Fernsehjahres machen.
Beispielhaft vom Casting über Dialoge, Bühnenbild und Musik, dazu von gesellschaftlicher Relevanz, die nicht didaktisch, sondern saukomisch daherkommt, ist dem Tatortreiniger-Team ein politischer Beitrag gelungen. Einer, der zudem so gut unterhält, dass man sich danach atemlos die Augen wischt:
Ein Grimme-Preis geht an die Episode „Schotty’s Kampf“ aus der NDR-Produktion „Der Tatortreiniger“ - mit der Hoffnung, dass Overall und Utensilienkiste auch in Zukunft regelmäßig herausgeholt werden. Und dass der Restewegputzer noch lange beim Erkenntnisgewinn im Leben nach dem Tod eines anderen hilft.