53. Grimme-Preis 2017

Neo Magazin Royale: #verafake / Einspielerschleife (ZDF/ZDFneo)

Grimme-Preis an

an

Jan Böhmermann

Philipp Käßbohrer

Matthias Murmann

stellvertretend für das Team

für

die engagierte Beobachtung und kluge Reflexion des laufenden Fernsehprogramms bei Neo Magazin Royale: #verafake und „Einspielerschleife“ (ZDF/ZDFneo)

Produktion: btf GmbH 

Erstausstrahlung #verafake: ZDFneo, Donnerstag, 12.05.2016, 22.15 Uhr; Sendelänge: 17 Minuten; 

„Einspielerschleife“: ZDFneo, Donnerstag, 07.04.2016, 22.15 Uhr; Sendelänge: 12:42 Minuten

Stab #Verafake

Produktion: Matthias Murmann, btf GmbH

Moderation: Jan Böhmermann

Buch: Ralf Kabelka, Max Bierhals, Patrick Stenzel, Giulia Becker, Sebastian Colley, Pina Dietsche

Creative Producer: Philipp Käßbohrer

Liveregie: Sebastian Teitge, Patrick Arbeiter

Kamera: André Becker, Julian Hüttner, Thomas Ramsauer, Felix Mai, Patrick Dosanjh

Realisation Einspieler: Nicolas Berse

Redaktion Einspieler: Pina Dietsche

Schnitt: David Wieching, Rafael Maier, Julian Jakelski

Ton: Kai Holzkämper, Alexander Werth, Lennart Speer, Jens Meinerz, Tom Vermaaten, Robert Keilbar

Szenenbild: Lea Fumy, Marcel Lenz, Stefanie Becker, Janika Streblow, Johannes Schmitt, Anna Wall, Stephy Schulz 

Maske: Carolin Lea Gechter

Kostüm: Hannah Leiner

Cast: Jan Böhmermann, Simon Steinhorst, Andreas Schneiders, Pina Dietsche, Ralf Kabelka

Redaktion btf: Hanna Käßbohrer, Sanja Pijanovic

Redaktion ZDF: Tim Engelmann, Jens Matthey, Nicole Sprenger

Erstausstrahlung: ZDFneo, Donnerstag, 12.05.2016, 22.15 Uhr

Sendelänge: 45 Minuten´

Stab Beitrag "Einspielerschleife"

Produktion: Matthias Murmann, btf GmbH

Buch: Stefan Titze, Florentin Will

Creative Producer: Philipp Käßbohrer 

Realisation: Nicolas Berse, Sebastian Teitge

Kamera: Alexander Pauckner, Fred Schirmer

Schnitt: David Wieching, Julian Schleef

Szenenbild: Lea Fumy, Marcel Lenz, Stefanie Becker, Janika Streblow, Johannes Schmitt, Anastasia Wall

Maske: Carolin Lea Gechter, Anne Müller, Madeleine Magnus 

Kostüm: Hannah Leiner

Cast: Jan Böhmermann, Anne Will, Oli Petszokat, Simon Gosejohann, Sabine Heinrich, William Cohn, Olli Schulz

Redaktion btf: Hanna Käßbohrer, Sanja Pijanovic, Nora Nagel

Redaktion ZDF: Tim Engelmann, Jens Matthey, Nicole Sprenger

Erstausstrahlung: ZDFneo, Donnerstag, 07.04.2016, 22.15 Uhr

Sendelänge: 12:42 Minuten

Inhalt

Bei #Verafake und „Einspielerschleife“ handelt es sich um zwei weitere Beiträge von „Neo Magazin Royal“ unter der Moderation von Jan Böhmermann. Für den Beitrag #Verafake wurden zwei Schauspieler -nach Manier von Günther Wallraff- inkognito als Kandidaten bei „Schwiegertochter gesucht“ eingeschleust, die das Prozedere rundum die Sendung dokumentieren. Sie deckten auf, wie Protagonisten, Handlungen und Lebensumstände in der Kuppel-Show manipuliert werden. Die „Einspielerschleife“, als Reaktion Böhmermanns auf die Diskussion über sein Schmähgedicht, nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise durch bekannte Fernsehformate, in die Böhmermann hinein editiert wurde. Die fiktive Exkursion beginnt in Anne Wills Talkshow, macht u.a. Station bei „Markus Lanz“ und bei „Das perfekte Dinner“. Es herrscht ein permanenter Wechsel zwischen eigener Studio-Kulisse und Szenen mit Bezug zu diversen Genres, auch zu "Mind-Fuck-Movies" wie "Being John Malkovich" und Anspielungen auf Filmklassiker wie "Vertigo". Die Szenen wurden durch Montagetechnik miteinander verknüpft und lassen so ein zusammenhängendes Konglomerat aus verschiedenen Sendungen entstehen.

Begründung der Jury

„Alles andere ist Fernsehen“, heißt es im Abspann der Fernsehsendung „Neo Magazin Royale“. Aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Nach dem Schmähgedicht auf den türkischen Präsidenten Erdogan, das politisch hohe Wellen geschlagen hatte, kehrte Jan Böhmermann in der Folgewoche ausgerechnet mit der raffiniert selbstreferentiellen „Einspielerschleife“ in den regulären Sendebetrieb zurück. Konnte der unbedarfte ZDFneo-Zuschauer zunächst noch an ein „ganz normales“ Studiogespräch mit der ARD-Polit-Talkerin Anne Will glauben, wurde im Verlauf der Sendung immer klarer, dass hier dann doch gar nichts regulär oder gar normal war (auch nicht Anne Wills sehr authentisch wirkender Auftritt): In einem 12-minütigen Parforceritt zitiert und persifliert die „Einspielerschleife“ alle Formen und Formate, mit denen das Fernsehen sein Publikum in vorbereiteten Häppchen bedient: von den gestanzten Anmoderationen bei „Markus Lanz“ bis zum Werbeeinspieler im Privat-TV, von der seriellen Bergromantik des ZDF-Vorabendprogramms bis zum Reality-Geschmack des „Promi-Dinners“ wankte und schwankte, schaltete und waltete Böhmermann zunehmend verzweifelt zwischen den TV-Ästhetiken hin und her. Ist die „Einspielerschleife“ einerseits eine geniale Entzauberung der Fernsehroutinen, ist die präzise Parodie doch auch eine Liebeserklärung an das 24/7-Medium und seine Endlos-Erzählweise.

Auch der investigative Coup „Verafake“ ist letztlich der Haltung geschuldet, dass eben nicht egal ist, was in der Fernsehunterhaltung gesendet wird. Nach akribischer Vorarbeit war es der Redaktion gelungen, einen Fake-Kandidaten in die von Vera Int-Veen moderierte Reality-Show „Schwiegertochter gesucht“ einzuschleusen. Dem „Verafake“ gelang leichtfüßig, was zuvor viele recherchierende Journalisten nicht vermocht hatten: Es legte lückenlos die emotional und wirtschaftlich ausbeuterischen Arbeitsmethoden des TV-Reality-Business offen. Beide höchst unterschiedlichen Beiträge des Fernsehjahrs 2016 eint die Haltung, das gesendete Fernsehprogramm und dessen Konsumenten ernst zu nehmen. Dass es Jan Böhmermann und seinem Team dabei gelingt, sich nicht nur bierernst anklagend, sondern auch in höchstem Maße unterhaltsam mit ausgerechnet jenem Medium zu befassen, aus dem heraus man ja selbst sendet, ist allemal vorbildlich für die Fernsehpraxis. Die Jury „Unterhaltung“ würdigt diese Leistung, die weit über die Einzelbeispiele hinaus wirkt, mit einem Spezialpreis für Jan Böhmermann, Matthias Murmann, Philipp Käßbohrer und ihr Team. 

 
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