Grimme-Preis an
an
Jan Böhmermann
Philipp Käßbohrer
Matthias Murmann
stellvertretend für das Team
für
die engagierte Beobachtung und kluge Reflexion des laufenden Fernsehprogramms bei Neo Magazin Royale: #verafake und „Einspielerschleife“ (ZDF/ZDFneo)
Produktion: btf GmbH
Erstausstrahlung #verafake: ZDFneo, Donnerstag, 12.05.2016, 22.15 Uhr; Sendelänge: 17 Minuten;
„Einspielerschleife“: ZDFneo, Donnerstag, 07.04.2016, 22.15 Uhr; Sendelänge: 12:42 Minuten
Stab #Verafake
Produktion: Matthias Murmann, btf GmbH
Moderation: Jan Böhmermann
Buch: Ralf Kabelka, Max Bierhals, Patrick Stenzel, Giulia Becker, Sebastian Colley, Pina Dietsche
Creative Producer: Philipp Käßbohrer
Liveregie: Sebastian Teitge, Patrick Arbeiter
Kamera: André Becker, Julian Hüttner, Thomas Ramsauer, Felix Mai, Patrick Dosanjh
Realisation Einspieler: Nicolas Berse
Redaktion Einspieler: Pina Dietsche
Schnitt: David Wieching, Rafael Maier, Julian Jakelski
Ton: Kai Holzkämper, Alexander Werth, Lennart Speer, Jens Meinerz, Tom Vermaaten, Robert Keilbar
Szenenbild: Lea Fumy, Marcel Lenz, Stefanie Becker, Janika Streblow, Johannes Schmitt, Anna Wall, Stephy Schulz
Maske: Carolin Lea Gechter
Kostüm: Hannah Leiner
Cast: Jan Böhmermann, Simon Steinhorst, Andreas Schneiders, Pina Dietsche, Ralf Kabelka
Redaktion btf: Hanna Käßbohrer, Sanja Pijanovic
Redaktion ZDF: Tim Engelmann, Jens Matthey, Nicole Sprenger
Erstausstrahlung: ZDFneo, Donnerstag, 12.05.2016, 22.15 Uhr
Sendelänge: 45 Minuten´
Stab Beitrag "Einspielerschleife"
Produktion: Matthias Murmann, btf GmbH
Buch: Stefan Titze, Florentin Will
Creative Producer: Philipp Käßbohrer
Realisation: Nicolas Berse, Sebastian Teitge
Kamera: Alexander Pauckner, Fred Schirmer
Schnitt: David Wieching, Julian Schleef
Szenenbild: Lea Fumy, Marcel Lenz, Stefanie Becker, Janika Streblow, Johannes Schmitt, Anastasia Wall
Maske: Carolin Lea Gechter, Anne Müller, Madeleine Magnus
Kostüm: Hannah Leiner
Cast: Jan Böhmermann, Anne Will, Oli Petszokat, Simon Gosejohann, Sabine Heinrich, William Cohn, Olli Schulz
Redaktion btf: Hanna Käßbohrer, Sanja Pijanovic, Nora Nagel
Redaktion ZDF: Tim Engelmann, Jens Matthey, Nicole Sprenger
Erstausstrahlung: ZDFneo, Donnerstag, 07.04.2016, 22.15 Uhr
Sendelänge: 12:42 Minuten
Inhalt
Bei #Verafake und „Einspielerschleife“ handelt es sich um zwei weitere Beiträge von „Neo Magazin Royal“ unter der Moderation von Jan Böhmermann. Für den Beitrag #Verafake wurden zwei Schauspieler -nach Manier von Günther Wallraff- inkognito als Kandidaten bei „Schwiegertochter gesucht“ eingeschleust, die das Prozedere rundum die Sendung dokumentieren. Sie deckten auf, wie Protagonisten, Handlungen und Lebensumstände in der Kuppel-Show manipuliert werden. Die „Einspielerschleife“, als Reaktion Böhmermanns auf die Diskussion über sein Schmähgedicht, nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise durch bekannte Fernsehformate, in die Böhmermann hinein editiert wurde. Die fiktive Exkursion beginnt in Anne Wills Talkshow, macht u.a. Station bei „Markus Lanz“ und bei „Das perfekte Dinner“. Es herrscht ein permanenter Wechsel zwischen eigener Studio-Kulisse und Szenen mit Bezug zu diversen Genres, auch zu "Mind-Fuck-Movies" wie "Being John Malkovich" und Anspielungen auf Filmklassiker wie "Vertigo". Die Szenen wurden durch Montagetechnik miteinander verknüpft und lassen so ein zusammenhängendes Konglomerat aus verschiedenen Sendungen entstehen.
Begründung der Jury
„Alles andere ist Fernsehen“, heißt es im Abspann der Fernsehsendung „Neo Magazin Royale“. Aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Nach dem Schmähgedicht auf den türkischen Präsidenten Erdogan, das politisch hohe Wellen geschlagen hatte, kehrte Jan Böhmermann in der Folgewoche ausgerechnet mit der raffiniert selbstreferentiellen „Einspielerschleife“ in den regulären Sendebetrieb zurück. Konnte der unbedarfte ZDFneo-Zuschauer zunächst noch an ein „ganz normales“ Studiogespräch mit der ARD-Polit-Talkerin Anne Will glauben, wurde im Verlauf der Sendung immer klarer, dass hier dann doch gar nichts regulär oder gar normal war (auch nicht Anne Wills sehr authentisch wirkender Auftritt): In einem 12-minütigen Parforceritt zitiert und persifliert die „Einspielerschleife“ alle Formen und Formate, mit denen das Fernsehen sein Publikum in vorbereiteten Häppchen bedient: von den gestanzten Anmoderationen bei „Markus Lanz“ bis zum Werbeeinspieler im Privat-TV, von der seriellen Bergromantik des ZDF-Vorabendprogramms bis zum Reality-Geschmack des „Promi-Dinners“ wankte und schwankte, schaltete und waltete Böhmermann zunehmend verzweifelt zwischen den TV-Ästhetiken hin und her. Ist die „Einspielerschleife“ einerseits eine geniale Entzauberung der Fernsehroutinen, ist die präzise Parodie doch auch eine Liebeserklärung an das 24/7-Medium und seine Endlos-Erzählweise.
Auch der investigative Coup „Verafake“ ist letztlich der Haltung geschuldet, dass eben nicht egal ist, was in der Fernsehunterhaltung gesendet wird. Nach akribischer Vorarbeit war es der Redaktion gelungen, einen Fake-Kandidaten in die von Vera Int-Veen moderierte Reality-Show „Schwiegertochter gesucht“ einzuschleusen. Dem „Verafake“ gelang leichtfüßig, was zuvor viele recherchierende Journalisten nicht vermocht hatten: Es legte lückenlos die emotional und wirtschaftlich ausbeuterischen Arbeitsmethoden des TV-Reality-Business offen. Beide höchst unterschiedlichen Beiträge des Fernsehjahrs 2016 eint die Haltung, das gesendete Fernsehprogramm und dessen Konsumenten ernst zu nehmen. Dass es Jan Böhmermann und seinem Team dabei gelingt, sich nicht nur bierernst anklagend, sondern auch in höchstem Maße unterhaltsam mit ausgerechnet jenem Medium zu befassen, aus dem heraus man ja selbst sendet, ist allemal vorbildlich für die Fernsehpraxis. Die Jury „Unterhaltung“ würdigt diese Leistung, die weit über die Einzelbeispiele hinaus wirkt, mit einem Spezialpreis für Jan Böhmermann, Matthias Murmann, Philipp Käßbohrer und ihr Team.