Grimme-Preis an
Bastian Asdonk (Formatentwicklung/Konzept)
Susanne Erler (Regie)
Sara Mohaupt (Regie)
Benjamin Kahlmeyer (Regie/Kamera)
Produktion: Hyperbole TV
Erstveröffentlichung: YouTube, Freitag, 06.10.2017
Sendelänge: je ca. 5 Minuten
Inhalt
„Germania“ beschäftigt sich, wie der Name es bereits vermuten lässt, mit Deutschland. Das Format zeichnet ein aktuelles Portrait unseres Landes ausschließlich aus der Sichtweise junger KünstlerInnen mit Migrationshintergrund, die meist in der zweiten Generation hier leben. In den jeweils fünfminütigen YouTube-Clips schildern die Protagonisten ihr Leben in und zwischen zwei Kulturen, wobei der Fokus dabei vor allem auf den Vorteilen einer solchen Multikulturalität liegt.
Zur Sprache kommen dabei unterschiedliche Perspektiven auf ein Einwanderungsland – erzählt werden die persönlichen Geschichten von Menschen, die davon profitiert haben, dass Deutschland ein solches ist. Zentrale Themen dabei: Heimatgefühl, Identität, Stolz und Kultur, aber auch Angst und Rassismus. Porträtiert werden Rapper wie Eko Fresh, Samy Deluxe oder Afrob, aber auch das Model Sara Nuru und DSDS-Jurymitglied Shirin David kommen zu Wort.
Stab
Buch: Bastian Asdonk
Regie: Sara Mohaupt, Benjamin Kahlmeyer, Susanne Erler
Kamera: Susanne Erler, Benjamin Kahlmeyer
Schnitt: Suraj Chandran, Oliver Winkler
Ton: Niklas Olscha
Darsteller: Eko Fresh, Massiv, Shirin David u.a.
Redaktion: Sabrina Scharpen (ZDF/funk), Maximilian Fraenkel (ZDF/funk)
Jurybegründung
„Germania“ präsentiert, auf unaufgeregte Art und Weise und losgelöst von der aktuellen Flüchtlingsdebatte, Deutschland als das, was es seit mittlerweile mehreren Jahrzehnten ist: ein Einwanderungsland. Dabei kommen junge Menschen zu Wort, die ihr Leben als Einwanderer oder Kinder von Einwanderern schildern.
Soweit kein neues Thema, könnte man meinen. Besonders und herausragend an „Germania ist“, dass dabei Multikulturalität in erster Linie als Chance und Bereicherung gezeigt wird. Auch wenn die Probleme und Herausforderungen eines Zusammenlebens mehrerer Kulturen nicht außen vor gelassen werden, sind sie nicht, wie sonst häufig der Fall, in den Fokus der Betrachtung gerückt.
Viele der starken Protagonistinnen und Protagonisten, von denen das Format lebt, beschreiben dabei ihre Versuche und Bemühungen, die jeweils besten Aspekte ihrer beiden Kulturen und Heimaten herauszupicken. Einerseits verleugnet dabei niemand seine Herkunft (sei es die eigene oder die der Eltern), andererseits verschließt sich auch keiner gegenüber der deutschen Kultur. So entstehen Geschichten von jungen Menschen, die voller Stolz zwei Herzen in ihrer Brust tragen.
Leichtfüßig zeigt die YouTube-Serie so gelungene Beispiele für Integration in einer Generation, für die das Zusammenleben mehrerer Kulturen längst zur Selbstverständlichkeit geworden ist, und zeigt dabei deutlich, dass dafür im Idealfall niemand etwas aufgeben muss. Das Ganze gelingt ohne dabei plakativ, gewollt oder gezwungen zu wirken: Die Protagonisten bekommen den Raum, den sie benötigen, um ihre Geschichten in entspannter Atmosphäre erzählen zu können.
„Germania“ besticht durch seine anspruchsvolle Ästhetik, die Drehorte sind weise ausgewählt, Bild- und Tonqualität außergewöhnlich hoch. Auch die musikalische Untermalung rundet das Gesamtkonzept in ihrer Dezenz ab. Die Kurzfilme haben damit fast eine gewisse Werbeclip-Ästhetik, ohne dabei jedoch ins Kitschige abzudriften.
Auch wenn das Format eine gewisse Einseitigkeit besitzt, da ausschließlich Gewinner der Einwanderungsgesellschaft porträtiert werden: In Zeiten, in denen die Darstellung dieses Themas sehr häufig nur noch durch eine Problematisierung und Benennung von Konflikten geprägt ist, stellt dies eine sehr wichtige Facette des Themas dar. So präsentiert „Germania“ das Zusammenleben einer Generation, in der im besten Falle die Grenzen zwischen Einheimischen und Einwanderer(kinder)n verschwimmen, ohne dass eine Seite dafür etwas aufgeben muss. Etwas, dass sich auch im Sprachgebrauch niederschlägt. Oder wie es zwei der porträtierten Künstler ausdrücken:
„Deutschland gute Land, Mashallah, Hamdulillah!“ (Abdi)
„Seine Kultur darf man nicht vergessen. Man darf seine Sprache nicht
verlernen. Aber wir leben hier, ich bin ein Deutscher!“ (Nimo)