56. Grimme-Preis 2020

Joko & Klaas LIVE – 15 Minuten, Staffel 1 (Florida Entertainment für ProSieben)

Grimme-Preis an

 

Thomas Martiens (Idee/Redaktion)

Thomas Schmitt (Idee/Redaktion)

Klaas Heufer-Umlauf (Moderation)

Joko Winterscheidt (Moderation)

 

Produktion: Florida Entertainment

Erstausstrahlung: ProSieben, Mittwoch, 29. Mai 2019, 20.15 Uhr

Sendelänge: jeweils 15 Min.

 

Inhalt

In ihrer Primetime-Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“ treten Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt gegen ihren eigenen Arbeitgeber an. Im Falle eines Sieges steht den beiden Moderatoren am folgenden Abend eine Viertelstunde Sendezeit zur Verfügung, die sie nach Belieben live gestalten können und von der sich der Sender im Voraus distanziert. 2019 entstanden auf diese Weise drei Ausgaben „Joko & Klaas LIVE – 15 Minuten“. In der ersten Sendung geben Joko & Klaas drei Menschen die Gelegenheit, über ihre gesellschaftlich relevanten Engagements zu berichten, und greifen so Themen auf, die „so‘n bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient haben“. Drei Wochen später veranstaltet das Duo ein Wettrennen um jeweils 10.000 Euro in vier deutschen Großstädten. Den Zuschauerinnen und Zuschauern, die sich als erste zu den in der Sendung bekanntgegebenen Adressen begeben und dort den Satz „Ich liebe Fernsehen“ nennen, überreichen sie noch vor Ort einen Geldkoffer. Kurz nach der Landtagswahl in Thüringen wird aus den „15 Minuten“ eine Teleshopping-Sendung, in der Joko & Klaas Crowdfunding für den „Entkräfter Pro Max“ betreiben. Das Gerät soll auf Knopfdruck acht rechtspopulistische Äußerungen fundiert widerlegen und wird online zum Selbstkostenpreis vertrieben.

 

Stab

Produktion: Florida Entertainment

Idee/Umsetzung: Thomas Schmitt, Arne Kreutzfeldt, Thomas Martiens

Moderation: Klaas Heufer-Umlauf, Joko Winterscheidt

Redaktion Florida Entertainment: Claudia Schölzel, Jakob Lundt

Redaktion ProSieben: Hannes Hiller

 

Begründung der Jury

„Hoffen wir das Beste“, blendet ProSieben vorab ein, um sich von den folgenden 15 Minuten zu distanzieren, die der Sender in einer Unterhaltungsshow an sein Moderatorenduo Joko & Klaas verspielt hat. Heufer-Umlauf und Winterscheidt schaffen es im Jahr 2019 mehrmals, eine Viertelstunde zur besten Sendezeit frei gestalten zu können – und damit ein Millionenpublikum zu erreichen, das nicht weiß, was es sehen wird. Joko & Klaas dagegen wissen diese im weitgehend voraussehbaren Fernsehprogramm unübliche Ungewissheit auszunutzen und präsentieren dem ProSieben-Publikum jedes Mal aufs Neue vielseitige Facetten unerwarteten Live-Fernsehens.

Insbesondere die erste Ausgabe der „15 Minuten“ beeindruckte die Jury: Der im verspielten Vorspann und in der hemmungslosen Begrüßung („Hallo, buona sera, ihr Pissnelken!“) angedeutete Klamauk bricht rasch, als für die übrigen zwölf Minuten einzig die Anliegen dreier Menschen im – wortwörtlichen – Mittelpunkt stehen. Dermaßen prominent platzierte und minimalistisch gestaltete Redezeit für gesellschaftliche Belange erhalten engagierte Menschen im linearen Fernsehen nicht oft – schon gar nicht in der Primetime eines großen Privatsenders.

In einer weiteren Ausgabe spielen Joko & Klaas mit dem Livecharakter ihrer „15 Minuten“ und veranstalten ein Wettrennen um bares Geld in vier deutschen Millionenstädten. Dabei verbreitet die Show nicht nur beiläufig eine Liebeserklärung an das Fernsehen, sondern zeigt auch die Schwierigkeiten der minutengenauen Planung einer Livesendung auf, die ihr Ziel schneller erreicht als das Ende ihrer Sendezeit. Mit der Teleshopping-Sendung zum „Entkräfter Pro Max“ bringen Joko & Klaas schließlich mit direktem Bezug auf aktuelle Wahlergebnisse gesellschaftspolitische Haltung in einer gelungenen Genreparodie unter. Ebenso zu würdigen ist die Entscheidung der beiden Entertainer, auf eine geplante Ausgabe ihrer „15 Minuten“ nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Halle kurzerhand zu verzichten und damit einmal mehr ein Statement zu setzen.

Das Produktionsteam der Florida Entertainment zeigt mit ihrer innovativen Formatidee eindrucksvoll, wie ein neugieriges Publikum wieder und wieder für eine ungewisse Viertelstunde begeistert werden kann, und liefert damit ein Musterbeispiel dafür, dass sehenswerte Fernsehunterhaltung auch – oder gerade dann – entstehen kann, wenn ein Sender dem Produktionsteam freie Hand lässt. Mit der Verknüpfung von Haltung und Unterhaltung überraschen Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt nicht nur ihre Stammzuschauer*innen, sondern gleich einen ganzen Fernsehsehsender. Wird ihnen das auch weiterhin gelingen? „Hoffen wir das Beste.“

 
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